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Müllvermeidung muss belohnt werden

Datum: 11.01.2005

Kurzbeschreibung: 


Die an den öffentlich-rechtlichen Abfallwirtschaftsbetrieb zu entrichtende Abfallgebühr ist dann rechtlich zu beanstanden, wenn sie sich im Regelfall nur nach der Zahl der zu einem Haushalt gehörenden Personen bemisst (sog. personengebundener Haushaltsmaßstab) und keine Anreize zur Vermeidung und Verwertung sowie zur Abfalltrennung bietet. Mit dieser Begründung hat der 2. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit Normenkontrollbeschluss vom 11.10.2004 die Abfallwirtschaftssatzung des Landkreises Göppingen teilweise für nichtig erklärt.

Die - aufgrund dieses Beschlusses inzwischen geänderte - Abfallwirtschaftssatzung hatte die Jahresabfallgebühr dann ausschließlich nach der Zahl der zum Haushalt gehörenden Personen bemessen, wenn dieser Haushalt lediglich einen Abfallbehälter mit dem (Mindest-) Volumen von 120 l bei 14-tägiger Leerung in Anspruch nahm. Nur im Fall der Bereitstellung eines größeren oder zusätzlichen Abfallbehälters wurde dieser personengebundene Haushaltsmaßstab durch einen Gefäßtarif ergänzt.

Der VGH sah hierin einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 2 Landesabfallgesetz. Nach dieser - im Jahr 1996 geänderten - Bestimmung sollen die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger die Gebührentatbestände so ausgestalten, dass sich daraus nachhaltige Anreize zur Vermeidung und Verwertung sowie zur Abfalltrennung ergeben. Die Regelung verpflichte den Entsorgungsträger dazu, die Gebührenerhebung für die Abfallentsorgung nicht mehr allein auf die Deckung der Kosten der kommunalen Abfallentsorgung auszurichten, sondern daneben auch auf eine Verhaltenssteuerung in Richtung Abfallvermeidung hinzuwirken. Mit diesem Lenkungsziel verstoße die Regelung nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere greife sie nicht in das verfassungsrechtlich geschützte Recht auf Selbstverwaltung der Landkreise ein. Der vom Landkreis gewählte personengebundene Haushaltsmaßstab genüge dem abfallrechtlichen Lenkungsziel der Müllvermeidung nicht. So sei es für die Entstehung der Jahresgebühr gleichgültig, ob ein Einpersonenhaushalt die Durchschnittsmenge von wöchentlich 60 l Hausmüll verursache oder besonders Abfall vermeidend wirtschafte. Denn er werde unabhängig von seinem Verhalten gebührenrechtlich nach einer Abfallmenge von 60 l pro Woche behandelt. Die vom Landkreis geschaffene Möglichkeit, die Zusatzgebühr für die Bereitstellung größerer oder zusätzlicher Abfallbehälter durch Abfallvermeidung einzusparen, genüge der Anreizverpflichtung nicht. Denn das nach der streitigen Satzung zur Verfügung stehende kleinste Gefäßvolumen von 120 l pro Haushalt bei zweiwöchiger Leerung genüge dem Bedarf der überwiegenden Anzahl von Haushalten. Angesichts der zusätzlichen Verwertungsmöglichkeiten, die der Landkreis anbiete, stünden jedenfalls kleineren und mittelgroßen Haushalten erhebliche Entsorgungskapazitäten zur Verfügung. Dies werde auch durch die Annahme des OVG Lüneburg gestützt, wonach umweltbewusste Bürger heutzutage so leben könnten, dass weniger als 10 l Restabfall pro Person und Woche anfielen.

Der Normenkontrollbeschluss ist seit 26.11.2004 rechtskräftig (AZ: 2 S 1998/02). Der Landkreis Göppingen hat auf Grundlage dieses Beschlusses die personenbezogene Jahresgebühr deutlich gesenkt und erhebt ab 21.02.2005 zusätzlich gefäßbezogene Müllgebühren pro Leerung.





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