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Schutz der Innenstädte als Einzelhandelsstandorte durch die Bebauungsplanung

Datum: 19.01.2005

Kurzbeschreibung: 


Der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) hat im Urteil vom 4.11.2004 klargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinden durch Bebauungsplan die Errichtung von Einzelhandelsbetrieben in Randgebieten mit dem Ziel ausschließen können, ihr Zentrum als funktionsfähigen Einzelhandelsstandort zu sichern.

Die Stadt R. hatte ihre Innenstadt aufwändig saniert. Ein von ihr eingeholtes Gutachten gelangte zum Ergebnis, dass das Zentrum gleichwohl als attraktiver Standort des Einzelhandels durch die zu erwartende Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben in umliegenden Gewerbegebieten gefährdet sei; mittelfristig drohe eine Verödung der Innenstadt. Daraufhin schränkte die Stadt R. in verschiedenen Bebauungsplänen für Gebiete außerhalb des Innenstadtbereichs die Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben mit solchen Sortimenten ein, deren Angebot gerade für die Innenstadt erwünscht ist.

Auch der Bebauungsplan, in dessen Geltungsbereich die Grundstücke des Antragstellers liegen (eingeschränktes Gewerbegebiet), wurde in diesem Sinne geändert. Danach ist künftig die Errichtung von Einzelhandelsbetrieben mit - in einer Liste aufgeführten - „innenstadtrelevanten Sortimenten“ nicht mehr zulässig; hierzu zählen unter anderem die Sortimente Papier- und Schreibwaren, Textilien, Schuhe, Elektrokleingeräte, Hausrat und - neben zahlreichen weiteren Sortimenten - auch die Branche Nahrungs- und Genussmittel. Hiergegen wendet sich der Antragsteller, der angibt, einen großflächigen Lebensmitteleinzelhandel errichten zu wollen. Mit seinem Normenkontrollantrag begehrt er die Unwirksamkeitserklärung der Planänderung. Diesen Antrag hat der 8. Senat im Wesentlichen aus folgenden Gründen abgewiesen:

Es stelle ein städtebaulich legitimes Ziel dar, die - hier aufwändig sanierte - Innenstadt als Einzelhandelsstandort und Wohnraum zu stärken und so der Gefahr zu begegnen, dass sie mittelfristig veröde. Entgegen der Auffassung des Antragstellers sei die Innenstadt von R. nach den eingehenden Feststellungen des Gutachters zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Planänderung als Einzelhandelsstandort durchaus noch funktionsfähig gewesen. Der Ausschluss von Einzelhandelsbetrieben mit „innenstadtrelevanten Sortimenten“ sei auch geeignet und erforderlich, um das städtebauliche Ziel der Erhaltung der Attraktivität der Innenstadt von R. zu realisieren. Die Auswahl der für die Belebung der Innenstadt bedeutsamen und daher in den Randlagen auszuschließenden Sortimente sei nicht zu beanstanden. Sie sei auf der Grundlage eingehender gutachtlicher Analysen der spezifischen Verhältnisse in R. nach plausiblen Kriterien für die Innenstadtrelevanz wie der Erzeugung von Kundenfrequenz, Anregung von Koppelungskäufen, Integrierbarkeit (Flächenanspruch, Stadtbildwirkung) und Eignung für „Taschenkäufer“ ohne Kraftfahrzeug erfolgt. Der Gemeinderat habe auch annehmen dürfen, dass Einzelhandelsbetriebe mit diesen Sortimenten in der Innenstadt wegfielen, wenn das entsprechende Angebot an peripheren Standorten ausgebaut werde; dies gelte nach den Erkenntnissen des Gutachtens gerade auch für die Ansiedlung innenstadtrelevanter Sortimente im Bereich der Grundstücke des Antragstellers. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. In den Bestand vorhandener Einzelhandelsbetriebe werde nicht eingegriffen, sondern nur die künftige Betriebsansiedlung untersagt. Auch könne der Antragsteller seine Grundstücke nach wie vor gewerblich nutzen, unter anderem auch zur Ansiedlung von Einzelhandelsbetrieben, soweit diese keine innenstadtrelevanten Sortimente aufwiesen.

Die Revision gegen das Normenkontrollurteil wurde nicht zugelassen; der Antragsteller kann hiergegen Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht einlegen (Az.: 8 S 1076/04).





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