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Herrenberg: Bebauungsplan "Steinbruch Plapphalde" unwirksam

Datum: 29.07.2015

Kurzbeschreibung: Der Bebauungsplan "Steinbruch Plapphalde“ der Stadt Herrenberg (Antragsgegnerin) vom 10. Dezember 2012 ist unwirksam. Das hat der 3. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit einem heute verkündeten Urteil auf Grund mündlicher Verhandlung vom 22. Juli 2015 entschieden. Damit hatten die Normenkontrollanträge der Betreiberin des Steinbruchs und eines dort ansässigen Asphaltherstellers (Antragstellerinnen) Erfolg.

Das Gebiet des Bebauungsplans "Plapphalde" umfasst Flächen eines seit Jahrzehnten betriebenen Steinbruchs. Es liegt zwischen dem Ortsteil Haslach und der Herrenberger Kernstadt. Der Bebauungsplan setzt Sondergebiete für Steinbruchbetriebe und deren Nebenanlagen fest und begrenzt Lärm- und Kohlendioxid-Emissionen im Plangebiet. Nach der Planbegründung ist Ziel der Planung, gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse zu sichern bzw. zu schaffen.

Die beiden Antragstellerinnen sind im Plangebiet ansässige Gewerbebetriebe. Eine Antragstellerin baut Gesteine ab. Die andere Antragstellerin betreibt auf einem ihr gehörenden Grundstück im Steinbruch ein in den 1960iger Jahren genehmigtes Asphaltmischwerk. Sie beantragte im Jahr 2008 die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Änderungsgenehmigung mit dem Ziel, zur Asphalterzeugung künftig auch Braunkohlestaub zu verbrennen. Daraufhin formierte sich Widerstand in der Bevölkerung. Die Antragsgegnerin beschloss im Dezember 2009, für das Steinbruchgelände erstmals einen Bebauungsplan aufzustellen, da anderenfalls die beantragte immissionsschutzrechtliche Änderungsgenehmigung zu erteilen gewesen wäre.

Mit ihren Normenkontrollanträgen machten die Antragstellerinnen geltend, die Festsetzungen des Bebauungsplans schränkten ihre betriebliche Entwicklung zu stark ein. Sie rügten Verfahrensfehler, u.a. eine unzureichende Angabe umweltbezogener Informationen bei der Bürgerbeteiligung und die Mitwirkung befangener Gemeinderatsmitglieder, die Unvereinbarkeit des Bebauungsplans mit Zielen des Regionalplans, die Unbestimmtheit verschiedener Festsetzungen und die Rechtswidrigkeit der Kontingentierung der Lärmemissionen und der Beschränkung von Kohlendioxidemissionen. Schließlich hielten sie die Abwägung der öffentlichen und privaten Belange für fehlerhaft. Der VGH gab den Normenkontrollanträgen statt.

Zur Begründung führte der Vorsitzende des 3. Senats bei der Verkündung des Urteils im Wesentlichen aus: Jedenfalls zwei wesentliche Festsetzungen des Bebauungsplans seien unwirksam und dies führe zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans. Die Festsetzung von Lärmemissions-Kontingenten - d.h. der Rechte, bestimmte Lärmwerte auf bestimmten Flächen "abzustrahlen“ - sei unzureichend verkündet worden. Denn zur Berechnung der Kontingente verweise der Text des Bebauungsplans auf eine DIN-Norm. Das sei zwar zulässig. Die Gemeinde müsse dann aber dafür sorgen, dass sich Betroffene zuverlässig über den Inhalt der DIN-Norm informieren könnten. Daran fehle es hier. Grundstückseigentümer könnten somit aus dem Bebauungsplan nicht hinreichend erkennen, wie sie ihr Grundstück konkret nutzen dürften.

Ferner sei die festgesetzte Beschränkung der Verwendung fossiler Energieträger bei bestimmten Feuerungsanlagen, wenn die Kohlendioxid-Emissionen einen bestimmten Wert überschritten, rechtswidrig. Obwohl das Baugesetzbuch (BauGB) in seinen Planungsleitsätzen auch den Klimaschutz aufführe, ermächtige es nicht zu beliebigen Festsetzungen zugunsten des allgemeinen Klimaschutzes. § 9 BauGB regele abschließend, welche Festsetzungen in einem Bebauungsplan getroffen werden könnten. Dessen Absatz 1 Nr. 23a BauGB ermögliche den Gemeinden lediglich, aus städtebaulichen Gründen Gebiete festzusetzen, in denen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundesimmissionsschutzgesetzes bestimmte luftverunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen. Die Antragsgegnerin habe aber keine Beschränkung bestimmter Brennstoffe geregelt, sondern eine anlagenbezogene Regelung geschaffen. Hierzu sei sie jedoch nicht befugt. Zudem habe die Antragsgegnerin mit ihrer Festsetzung von Emissionsgrenzwerten verkannt, dass das Bundesimmissionsschutzgesetz in Verbindung mit dem Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz hinsichtlich des Ausstoßes von Kohlendioxid bestimmte Pflichten beschreibe und damit eine Sperrwirkung für - wie im vorliegenden Fall - weitergehende Regelungen entfalte.

Die Unwirksamkeit der Festsetzungen zu den Lärmemissionskontingenten und den Emissionsgrenzwerten für Kohlendioxid bei Verbrennungsanlagen führe zur Gesamtunwirksamkeit des Plans. Denn es sei davon auszugehen, dass die Antragsgegnerin den Bebauungsplan ohne diese Festsetzungen nicht erlassen hätte, da die Vermeidung von Lärmimmissionen und Kohlendioxidemissionen gerade Anlass des Bebauungsplanverfahrens gewesen seien.

Das vollständige Normenkontrollurteil mit Gründen wird den Beteiligen schriftlich zugestellt.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Diese Entscheidung kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden (Az.: 3 S 2492/13).

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