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Neresheimer CDU-Gemeinderat muss weiter um seinen Sitz bangen

Datum: 27.07.2006

Kurzbeschreibung: Der am 13.06.2004 gewählte Anton Leberle darf nach dem Urteil des 1. Senats des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) vom 26.05.2006 zwar sein Mandat im Gemeinderat der Stadt Neresheim (Schwäbische Alb) behalten; die Entscheidung ist jedoch noch nicht rechtskräftig, da gegen die Nichtzulassung der Revision fristgerecht Beschwerde eingelegt wurde.

In Neresheim mit den räumlich getrennten Ortsteilen Elchingen, Dorfmerkingen, Ohmenheim, Kösingen, Schweindorf und Stetten, werden die Sitze im Gemeinderat nach einem bestimmten Zahlenverhältnis mit Vertretern der verschiedenen Wohnbezirke besetzt (unechte Teilortswahl). Leberle kandidierte auf der Liste der CDU in Neresheim sowohl für die Wahl zum Gemeinderat als auch für den Ortschaftsrat des Ortsteils Ohmenheim. Seine Wahl zum Ortschaftsrat wurde vom Landratsamt Ostalbkreis für ungültig erklärt; der Einspruch eines Mitbewerbers gegen die Wahl Leberles zum Gemeinderat wurde zurückgewiesen, da dieser zu den maßgeblichen Zeitpunkten, d.h. bei Zulassung des Wahlvorschlags durch den Gemeindewahlausschuss und am Wahltag, seinen Hauptwohnsitz bei seiner Ehefrau im Ortsteil Stetten gehabt und in Ohmenheim nur über einen Nebenwohnsitz verfügt habe. Auf die Klage des Mitbewerbers (Kläger) verpflichtete das Verwaltungsgericht Stuttgart das Landratsamt mit Urteil vom 13.04.2005, (auch) die Zuteilung des Gemeinderatssitzes für ungültig zu erklären, da Leberle im Haus seines Sohnes in Ohmenheim keinen Nebenwohnsitz gehabt habe, sondern die dortigen Aufenthalte nur als Besuchsaufenthalte zu werten seien.

Auf die Berufung der Stadt Neresheim wurde das Urteil des Verwaltungsgerichts vom Verwaltungsgerichtshof geändert und der Einspruchsentscheid des Landratsamtes bestätigt. Leberle sei zum Gemeinderat der Stadt Neresheim wählbar gewesen, da er im Wohnbezirk Ohmenheim, für den er im Wahlvorschlag aufgestellt gewesen sei, gewohnt habe. Hierfür genüge eine Nebenwohnung, da der Bewerber im Ortsteil Stetten und damit in der Gemeinde seine Hauptwohnung gehabt habe. Um Manipulationen am aktiven und passiven Wahlrecht zu vermeiden, müsse der Begriff des Wohnens nach objektiven Kriterien bestimmt werden, d.h. er müsse an äußeren und nachprüfbaren Umständen anknüpfen. Hierbei komme der melderechtlichen Situation eine gewisse Indizwirkung zu, jedoch sei die Wahlbehörde dann zur Prüfung verpflichtet, wenn sie Anhaltspunkte für eine Unrichtigkeit des Melderegisters habe. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Gleichwohl müsse davon ausgegangen werden, dass der Bewerber Leberle schon seit Anfang 2004 im Haus seines Sohnes in Ohmenheim über eine Wohnmöglichkeit verfügt habe, auf die er ständig nach seinem Belieben habe zurückgreifen können. Das dort zur Verfügung gestellte Gästezimmer und die später zur Verfügung gestellte Einliegerwohnung seien von ihm auch immer wieder genutzt worden, um sich im Anschluss an seine Verpflichtungen als Ortschaftsrat, oder nach einem langen Arbeitstag, den Heimweg nach Stetten zu ersparen. Dass er für die Reinigung der Unterkunft nicht zuständig gewesen sei und auch bei seinem Sohn das Frühstück eingenommen habe, sei für die rechtliche Bewertung unerheblich.

Der VGH hat eine Revision gegen das Urteil nicht zugelassen; hiergegen hat der Kläger am 20.07.2006 fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, über die das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden muss, sofern der VGH der Beschwerde nicht abhilft (Az. 1 S 78/06).







§ 27 Gemeindeordnung
Wahlgebiet, Unechte Teilortswahl
(1)
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(2)
In Gemeinden mit räumlich getrennten Ortsteilen können durch die Hauptsatzung aus jeweils einem oder mehreren benachbarten Ortsteilen bestehende Wohnbezirke mit der Bestimmung gebildet werden, dass die Sitze im Gemeinderat nach einem bestimmten Zahlenverhältnis mit Vertretern der verschiedenen Wohnbezirke zu besetzen sind (unechte Teilortswahl).
Die Bewerber müssen im Wohnbezirk wohnen.
Das Recht der Bürger zur gleichmäßigen Teilnahme an der Wahl sämtlicher Gemeinderäte wird hierdurch nicht berührt.
Bei der Bestimmung der auf die einzelnen Wohnbezirke entfallenden Anzahl der Sitze sind die örtlichen Verhältnisse und der Bevölkerungsanteil zu berücksichtigen.
(3)
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(4)
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(5)
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§ 69 Gemeindeordnung
Ortschaftsrat
(1)
Die Mitglieder des Ortschaftsrats (Ortschaftsräte) werden nach den für die Wahl der Gemeinderäte geltenden Vorschriften gewählt.
Wird eine Ortschaft während der laufenden Amtszeit der Gemeinderäte neu eingerichtet, werden die Ortschaftsräte erstmals nach der Einrichtung der Ortschaft für die Dauer der restlichen Amtszeit der Gemeinderäte, im Übrigen gleichzeitig mit den Gemeinderäten gewählt.
Wahlgebiet ist die Ortschaft; wahlberechtigt und wählbar sind die in der Ortschaft wohnenden Bürger.
Im Fall einer Eingemeindung kann in der Hauptsatzung bestimmt werden, dass erstmals nach Einrichtung der Ortschaft die bisherigen Gemeinderäte der eingegliederten Gemeinde die Ortschaftsräte sind; scheidet ein Ortschaftsrat vorzeitig aus, gilt § 31 Abs. 2 entsprechend.
(2)
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(3)
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(4)
......

§ 32 Kommunalwahlgesetz
Grundsätze für die Wahlprüfung und Wahlanfechtungsgründe
(1)
.....

(2)
Die Zuteilung eines Sitzes im Gemeinderat oder Kreistag sowie die Wahl des Bürgermeisters ist für ungültig zu erklären, wenn der Bewerber zur Zeit der Wahl nicht wählbar war.
Das gleiche gilt, wenn sich ein Bewerber zugunsten seiner eigenen Wahl eines Vergehens im Sinne der §§ 107, 107 a, 107 b, 107 c, 108, 108 a, 108 b, § 108 d Satz 2 oder § 240 des Strafgesetzbuches schuldig gemacht hat, auch wenn dadurch das Wahlergebnis nicht beeinflußt werden konnte.
(3)
....
(4)
Die Gewählten können ihr Amt erst nach der rechtskräftigen Entscheidung über die Gültigkeit der Wahl und ihrer Wählbarkeit antreten.
Gemeinderäte und Kreisräte treten ihr Amt jedoch schon nach Feststellung der Gültigkeit der Wahl durch die Wahlprüfungsbehörde oder nach ungenutztem Ablauf der Wahlprüfungsfrist an.


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