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Klagen gegen Anflugbeschränkungen auf den Flughafen Zürich abgewiesen

Datum: 24.01.2006

Kurzbeschreibung: 

In einer mehr als dreistündigen mündlichen Verhandlung hat der 8. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) am 19. Januar mit den Rechtsanwälten und weiteren Vertretern der Beteiligten alle tatsächlichen und rechtlichen Aspekte zu den drei Klageverfahren erörtert, in denen um die Rechtmäßigkeit der im süddeutschen Luftraum geltenden Beschränkungen für die Anflüge auf den Flughafen Zürich gestritten wird (Pressemitteilung Nr. 64/2005 vom 28.12.2005). Heute hat er die Urteile verkündet: Alle Klagen wurden abgewiesen.

Die von den Klägern angegriffene Verordnung des Luftfahrt-Bundesamtes - die 220. Durchführungsverordnung zur Luftverkehrsordnung vom 10. März 2005 - sieht vor, dass zwei der drei vorhandenen Pisten des Flughafens Zürich durch den deutschen Luftraum an Werktagen nur in der Zeit von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr und an Samstagen, Sonntagen sowie gesetzlichen Feiertagen nur in der Zeit von 9.00 Uhr bis 20.00 Uhr angeflogen und Anflüge auf die dritte Landebahn über deutschem Hoheitsgebiet an Werktagen in der Zeit von 21.00 Uhr bis 7.00 Uhr, an Samstagen, Sonntagen sowie gesetzlichen Feiertagen zusätzlich zwischen 7.00 Uhr und 9.00 Uhr sowie zwischen 20.00 Uhr und 21.00 Uhr nicht unterhalb einer Flughöhe von 12.000 Fuß (über Meereshöhe) durchgeführt werden dürfen. Die Kläger, vier Städte und vier Privatpersonen, die im Nahbereich des Flughafens Zürich liegen beziehungsweise wohnen, machen im Wesentlichen geltend, dass sie unmittelbar infolge dieser Anflugbeschränkungen unzumutbarem Fluglärm ausgesetzt seien.

Der Senat stellt fest, dass eine Verletzung der Kläger in eigenen Rechten unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht komme; sie hätten daher bereits kein Recht zur Klageerhebung. Denn die während der oben genannten „Sperrzeiten“ auftretenden Fluglärmbelastungen im Nahbereich des Flughafens auf Schweizer Territorium beruhten nicht auf den Anflugregelungen der deutschen Verordnung. Sie seien vielmehr ausschließlich von den Schweizer Behörden zu vertreten, die für die Anlegung des Flughafens und seine Konfiguration sowie für die über dem Schweizer Staatsgebiet verlaufenden Endanflugwege verantwortlich seien. Die deutsche Regelung beziehe sich nur auf den deutschen Luftraum. Wie, mit welchen Flugverfahren, in welcher Höhe und mit welcher Piste als Ziel Luftfahrzeuge die Distanz von etwa 15 km zwischen der deutsch-schweizerischen Staatsgrenze und den verschiedenen Aufsetzschwellen der Landebahnen zurückzulegen hätten, werde hingegen ausschließlich durch das schweizerische Flugreglement bestimmt. Die für den deutschen Luftraum geltenden Restriktionen führten auch nicht zu „Zwangspunkten“ dergestalt, dass nunmehr unausweichlich Endanflugrouten notwendig würden, welche zwingend über die Grundstücke und Einrichtungen der Kläger verlaufen müssten. Stattdessen stelle der Flughafen mit seinem vorhandenen Pistensystem selbst den entscheidenden Zwangspunkt dar. Außerdem gebe es diverse Möglichkeiten - nicht nur flugtechnischer Art - zur Verbesserung der Lärmsituation. Somit werde die Lärmsituation im Nahbereich des Flughafens in seinem wesentlichen Verlauf nach dem souveränen, von der Bundesrepublik Deutschland unabhängigen Willen der Schweiz gestaltet. Für einen solchen fremdbestimmten Vorgang trage die deutsche staatliche Gewalt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine Mitverantwortung.

Unabhängig von der danach bereits fehlenden Klagebefugnis hat der Senat in der mündlichen Verhandlung alle von den Klägern erhobenen Einwände auch in der Sache eingehend erörtert. Insbesondere finden nach seiner Auffassung die angegriffenen Flugbeschränkungen im deutschen Luftverkehrsrecht eine ausreichende Stütze. Die Verordnung sei auch verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Eine vorherige Anhörung der Kläger sei nicht vorgeschrieben und wegen der fehlenden Möglichkeit des deutschen Staates, die Lärmsituation in der Schweiz zu gestalten, nicht einmal sinnvoll gewesen. Auch sei nicht erkennbar, dass die Abwägung, die der Verordnung zugrunde liege, mit Blick auf die Belange der Kläger fehlerhaft sei. Schließlich verletzten die Verordnungsregelungen weder Grundrechte der Kläger noch könnten diese sich auf eine Verletzung Europäischen Gemeinschaftsrechts berufen.

Der Senat hat in allen drei Fällen die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssachen zugelassen (Az.: 8 S 1249/04; 8 S 1706/04 und 8 S 1733/05 ).

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