Suchfunktion

Polizeiliche Maßnahmen gegen rechten Aktivisten rechtswidrig

Datum: 26.04.2007

Kurzbeschreibung: Das Vorgehen der Tübinger Polizeibehörden gegen einen stadtbekannten politischen Aktivisten aus der rechten Szene, der jeweils anlässlich der Gedenkfeiern zum Volkstrauertag auf dem Tübinger Bergfriedhof seine Ansichten verbreiten will, war in den Jahren 2003 und 2004 rechtswidrig. Das hat der 1. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg unter Vorsitz des Gerichtspräsidenten Dr. Karl-Heinz Weingärtner mit einer gestern im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündeten Entscheidung festgestellt.

Der Kläger hat in den vergangenen Jahren immer wieder im Zusammenhang mit öffentlichen Gedenkfeiern, die von der Stadt Tübingen und dem Volksbund Deutscher Kriegsgräberfürsorge anlässlich des Volkstrauertags am Mahnmal auf dem Bergfriedhof in Tübingen veranstaltet werden, seine politischen Überzeugungen kundgetan. Am Volkstrauertag 2003 stellte er unmittelbar gegenüber dem Haupteingang des Friedhofs Plakate auf, die unter anderem Sympathie mit dem ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Hohmann bekundeten und Gründe für eine „judenkritische“ Haltung der Deutschen anführten. Nachdem er der Aufforderung, diese Plakate zu entfernen, nicht nachgekommen war, ordnete die Stadt Tübingen die Beschlagnahme der Plakate an und erteilte dem Kläger einen Platzverweis. Am Volkstrauertag 2004 wollte der Kläger vom „Schutzbund für das deutsche Volk e.V.“ herausgegebene Flugblätter zur Ausländerpolitik an den vor dem Friedhof geparkten Autos anbringen. Nachdem er sich gegen die wiederum angeordnete Beschlagnahme zur Wehr gesetzt hatte, wurde er in Gewahrsam genommen. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Aktionen des Klägers die öffentliche Sicherheit und Ordnung gestört hätten. 

Dieser Rechtsauffassung ist der Verwaltungsgerichtshof nicht gefolgt. Er hat ausgeführt, dass die Aktionen des Klägers unter dem Schutz der Versammlungsfreiheit stünden; schon zwei Teilnehmer reichten für die Annahme einer Versammlung im Rechtssinne aus. Die Voraussetzung für ein polizeiliches Einschreiten hätten nicht vorgelegen. Der Kläger habe nicht in rechtlich erheblicher Weise auf die Gedenkfeier auf dem Friedhof eingewirkt. Er habe nicht akustisch gestört. Die Teilnehmer der Gedenkfeier hätten keinen Anspruch darauf, im Vorfeld nicht mit Ansichten konfrontiert zu werden, die ihnen nicht genehm seien. Da der Inhalt der Plakate und Flugblätter nicht strafbar gewesen sei, könne dagegen nicht eingeschritten werden. Denn von einer aggressiven und provokativen Art und Weise der Meinungsäußerung, die die Bürger einschüchtere, könne hier bei einem Auftreten weniger Personen nicht die Rede sein.

Die Revision wurde nicht zugelassen; dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesverwaltungsgericht erhoben werden (Az: 1 S 2828/06).

Fußleiste