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Besoldung kinderreicher Beamter nicht verfassungsgemäß

Datum: 15.03.2007

Kurzbeschreibung: Beamten mit drei oder mehr Kindern wurde in den Jahren 1999 - 2001 und 2004 nicht die verfassungsrechtlich gebotene Mindestalimentation gewährt. Dies hat der 4. Senat des Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg (VGH) mit Urteil vom 13.02.2007 entschieden. Dem Kläger, einem Hochschuldozenten mit drei Kindern, wurde für diesen Zeitraum über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinaus ein Betrag in Höhe von insgesamt (netto) 1.301,07 EUR zugesprochen.

Der Kläger war von 1995 bis September 2001 als wissenschaftlicher Assistent an einer Universität des Landes tätig und schied danach aus dem Beamtenverhältnis aus. Mit Wirkung vom 01.10.2003 wurde er erneut in das Beamtenverhältnis auf Zeit berufen und zum Hochschuldozenten (Besoldungsgruppe C 2) ernannt. Wie zahlreiche Landes- und Bundesbeamte mit mehr als zwei Kindern klagte er vor dem Verwaltungsgericht auf eine höhere Besoldung und berief sich dabei auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1998. Hierin hatte das Bundesverfassungsgericht zum wiederholten Male festgestellt, dass die Besoldung dieser Beamten unter der verfassungsrechtlich gebotenen Mindestgrenze liege, weil die gesetzliche Besoldung die familiären Unterhalts-pflichten nicht realitätsgerecht berücksichtige. Es gab dem Gesetzgeber auf, die Besoldung bis spätestens 31.12.1999 den verfassungsrechtlichen Vorgaben anzupassen. Komme der Gesetzgeber dieser Verpflichtung nicht nach, habe der Besoldungsempfänger für das dritte und jedes weitere unterhaltsberechtigte Kind Anspruch auf familienbezogene Gehaltsbestandteile in Höhe von 115 v.H. des durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarfs eines Kindes. Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahren verpflichtete das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 26.01.2005 das Land zur Zahlung von netto 2.170,01 EUR für die Zeit vom 01.01.1999 bis 31.12.2004. Die vom VGH zugelassene Berufung des Landes gegen dieses Urteil hatte nur teilweise Erfolg.

Mit dem Verwaltungsgericht ging der VGH davon aus, dass die Besoldung der Beamten (hier: der Besoldungsgruppe C1/C2) mit mehr als drei Kindern in den hier allein im Streit stehenden Jahren 1999 bis 2001 und 2003/2004 nicht den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entspreche. Da der Gesetzgeber der vom Bundesverfassungsgericht auferlegten Verpflichtung jedenfalls bis zum Jahr 2004 nicht ausreichend nachgekommen sei und die Besoldung kinderreicher Familien auch unter Berücksichtigung der Änderungen des Besoldungs-, Kindergeld- und Steuerrechts nicht entsprechend den verfassungsgerichtlichen Vorgaben geregelt habe, seien die Verwaltungsgerichte befugt, ab dem 01.01.2000 höhere familienbezogene Gehaltsbestandteile zuzusprechen. Diese Befugnis erstrecke sich auch auf das Jahr 1999. Dem Kläger stehe für das Jahr 2003 je-doch kein Anspruch auf Erhöhung der gesetzlich vorgesehenen familienbezogenen Gehaltsbestandteile zu, da er diesen Anspruch - nach dem Wiedereintritt in das Beamtenverhältnis - erst im Jahr 2004 gegenüber der Beklagten geltend gemacht habe. Insoweit sei das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern. Für den verbleibenden Zeitraum, d.h. für die Zeit vom 01.01.1999 bis 30.09.2001 (dem Ausscheiden des Klägers aus dem Beamtenverhältnis) und für das Jahr 2004 errechnete der VGH einen nicht gedeckten Unterhaltsbedarf des dritten Kindes des Klägers in Höhe von monatlich netto 25,76 EUR (1999), 30,21 EUR (2000), 29.19 EUR (2001) und 30,56 EUR (2004). Diese Beträge ermittelte das Gericht durch Gegenüberstellung der monatlichen Einkommensdifferenz aus dem Nettoeinkommen eines Beamten derselben Besoldungsgruppe mit zwei Kindern und mit drei Kindern und stellte diesem Betrag den um 15 % erhöhten durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Gesamtbedarf eines Kindes gegenüber.

Obwohl die Entscheidung unmittelbar nur einen begrenzten Personenkreis und einen begrenzten Zeitraum betrifft, ist sie gleichwohl für eine Vielzahl von Beamten aller Besoldungsgruppen von Bedeutung. Bei den Behörden und den Verwaltungsgerichten sind noch mehrere Hundert vergleichbare Verfahren anhängig, die derzeit jedoch überwiegend auf Antrag der Beteiligten ruhen.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden (Az.: 4 S 2289/05).

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